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29.07.2023
Museum

Historie: Die Eintracht und Nottingham Forest

Zur Saisoneröffnung spielt unsere SGE am 5. August gegen Nottingham Forest. Grund genug, um unseren englischen Gast im Vorfeld schon einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Im Jahr 1967 spielte unsere Eintracht bereits im Messepokal gegen Nottingham Forest.
Das Wappen von Nottingham Forest zwischen 1946 und 1954.

Mit Nottingham assoziiert man gewöhnlich Robin Hood, der im Sherwood Forest die Reichen und Mächtigen ausraubte und die Beute an die Armen und Unterdrückten verteilte (was vielleicht die erste Parallele zu unserer Eintracht ist). Obwohl eine Person dieses Namens historisch nicht nachweisbar ist, war „Robin Hood“ in England bereits im 13. Jahrhundert ein Synonym für einen Gesetzesbrecher. Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich jedoch das Bild. So wurde Robin Hood erst zu einem gegen die Normannen kämpfenden angelsächsischen Patrioten und später zu einem Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit.

Zwischen 1946 und 1954 fand er schließlich seinen Weg aufs Trikot von Nottingham Forest, wenngleich die darauf abgebildete Person mit Pilgerhut eher einem Puritaner aus dem 16./17. Jahrhundert ähnelt. Im Volksmund wurde das Wappen als „Jolly Forrester“ bezeichnet.

1865 gegründet, gehört Nottingham Forest zusammen mit dem Lokalrivalen Notts County (1862) zu den ältesten Fußballklubs Englands. Während County 1888 zu den Gründungsmitgliedern der „Football League“ gehörte, spielte Forest ab 1889 in der „Football Alliance“, die 1892 zur „Second Division“ der „Football League“ wurde. Als Meister der „Alliance“ wurde Forest 1892 in die „First Division“ aufgenommen, pendelte fortan zwischen beiden Spielklassen und musste 1949 sogar in die Drittklassigkeit absteigen.

Das Wappen von Nottingham Forest 1957.

Mehr als den Pokalsieg 1898 und einen vierten Platz 1901 gab es nicht zu bejubeln. Erst 1957 gelang nach 32 Jahren der Wiederaufstieg in die oberste Spielklasse, in der man nun mit einem modifizierten Stadtwappen auf dem Trikot auflief und 1959 erneut Pokalsieger wurde. 1966/67 spielten sowohl Forest als auch die Eintracht lange um die Meisterschaft mit. Am Ende belegten beide mit vier Punkten Abstand auf Manchester United bzw. Eintracht Braunschweig die Plätze 2 und 4. Das Los wollte es dann, dass beide Klubs in der 1. Runde des Messepokals 1967/68 aufeinandertrafen.

Die Spiele im Messepokal

Das Hinspiel fand am 20. September 1967 im Waldstadion statt. Vor nur 4.000 Zuschauern erspielte sich die Eintracht in der Aufstellung Tilkowski, Jusufi, Blusch, Schämer, Wirth, Friedrich, Sztani, Lotz, Abbé, Huberts und Kraus „zwar eine Scheinüberlegenheit, die gradlinigeren, gefährlicheren Angriffe aber produzierten die Briten.“ Bereits in der 10. Minute erzielte Baker „nach einer Unachtsamkeit der Frankfurter Abwehr“ das Tor des Tages („kicker“ vom 25. September 1967).

Im Rückspiel war die Eintracht am 17. Oktober 1967 vor 27.090 Zuschauern im „City Ground“ mit der „Verlegenheitself“ Tilkowski, Jusufi, Lindner, Blusch, Kraus, Keifler, Bellut, Grabowski, Bronnert, Friedrich und Racky „zu schwach, um den Briten erfolgreichen Widerstand zu leisten“ und unterlag 0:4. „Allein Tilkowski verhinderte eine noch höhere Niederalge“ („kicker“ vom 23. Oktober 1967). Danach waren für beide Klubs schwere Zeiten angesagt. Während die Eintracht aber 1971 durch den Derbysieg auf dem Bieberer Berg noch den Klassenerhalt schaffte, musste Forest ein Jahr später absteigen. Die Wende für den Klub aus den East Midlands kam am 06. Januar 1975, als Brian Clough (1935 – 2004) als neuer Manager verpflichtet wurde.

Das Programm zum Auswärtsspiel unserer SGE im Messepokal 1967/68 gegen Nottingham.
Das aktuelle Wappen von Nottingham Forest.

Clough hatte Forests größten Rivalen Derby County 1972 zur Meisterschaft geführt, war 1973 aber zu Brighton & Hove Albion und 1974 zu Leeds United gewechselt, wo er nach nur 44 Tagen wieder gefeuert wurde. Bei Nottingham Forest sollte er mit 18 Jahren, 4 Monaten und 4 Tagen zum am zweitlängsten amtierenden und erfolgreichsten Manager der Vereinsgeschichte werden. Zu dieser Zeit spielte Forest bereits mit einem neuen Wappen, dass Tradition und Moderne verbindet. Aus drei Wellenlinien erwächst ein Baum. Darunter der Vereinsname „Forest“. Die Wellenlinien symbolisieren den Fluss Trent, an dessen Ufer der „City Ground“ liegt, der Baum den legendären Sherwood Forest. Der Vereinsname geht zurück auf den „Forest Recreation Ground“, bis 1878 die erste Heimspielstätte des Klubs. Seit 2010 erinnern zwei Sterne an die Siege im Europapokal der Landesmeister 1979 und 1980.

Davon war bei Cloughs Amtsantritt 1975 noch nicht zu denken. Nach einem 16. und 8. Platz beendete Nottingham Forest am 07. Mai 1977 sein Punktspielprogramm mit 52 Punkten als Dritter vor den Bolton Wanderers mit 48 Punkten, die aber noch drei Spiele auszutragen hatten. Durch ein 2:1 gegen Cardiff verkürzten die Wanderers den Abstand am 10.05. auf zwei Zähler, verloren dann aber das Heimspiel gegen Meister Wolverhampton Wanderers mit 0:1 und konnten so wegen der 13 Treffer schlechteren Tordifferenz nicht mehr auf Platz 3 vorrücken. Die Forest-Mannschaft erfuhr ihr Glück auf dem Flug zu einem Saisonabschluss-Trip nach Mallorca.

Der Aufstieg war aber nur der Anfang einer unglaublichen Erfolgsgeschichte. Als Neuling gewann Forest mit sieben Punkten Vorsprung auf Titelverteidiger FC Liverpool nicht nur die Meisterschaft, sondern auch den Ligapokal. 1979 holte man erneut den Ligapokal und anschließend durch ein 1:0 über Malmö FF in München auch den Europapokal der Landesmeister. Durch ein 1:0 und 1:1 gegen den FC Barcelona wanderte außerdem der europäische Supercup nach Nottingham. 1980 verteidigte man den Europapokal durch ein 1:0 in Madrid gegen den Hamburger SV. Nottingham Forest ist damit bis heute der einzige Verein, der öfter den Europapokal der Landesmeister bzw. die Champions League als den nationalen Titel gewann!

Nach zwei weiteren Erfolgen im Ligapokal 1989 und 1990 gehörte Forest 1992 zu den Gründungsmitgliedern der Premier League. Dort endete jedoch die Erfolgsserie und Forest stieg 1993 als Tabellenletzter ab, worauf Brian Clough seine Managerlaufbahn beendete. Eine Achterbahnfahrt mit zwei Auf- und Abstiegen und einem 3. Platz in der Premier League 1995 endete 2005 mit dem Absturz in die drittklassige „League One“, in der man drei lange Jahre verbringen musste.

2010 und 2011 scheiterte Forest in den Play-offs zur Premier League und entging 2017 dem Abstieg nur durch eine zwei Tore bessere Tordifferenz gegenüber den Blackburn Rovers. 2022 war es dann so weit: Als Vierter der „Championship“ ging es erneut in die Play-offs, wo man zunächst Sheffield United im Elfmeterschießen ausschaltete und danach durch ein 1:0 gegen Huddersfield Town nach 23 Jahren wieder erstklassig wurde. In der Premier League steckte Forest zwar lange im Abstiegskampf, schaffte aber mit elf Punkten aus den letzten sechs Spielen als 16. den Klassenerhalt in der letzten Saison.

Englische Duelle und Gemeinsamkeiten

Seit 1911 (0:6 gegen Tottenham Hotspur) hat die Eintracht gegen 19 Vereine aus England gespielt. Im Laufe der Jahre haben mit West Ham United, Newcastle United, dem FC Arsenal, beiden Manchester-Klubs, Sheffield United, FC Chelsea, FC Burnley und dem FC Liverpool weitere klangvolle Namen ihre Visitenkarte im Waldstadion abgegeben.

Ajdin Hrustić spielte als einziger Spieler sowohl für unsere Eintracht als auch für Nottingham. 2022 gewann er mit der SGE den Europapokal.

Nach 56 Jahren kehrt nun also auch Nottingham Forest zurück. Der einzige Spieler, der für beide Vereine aktiv war, steht inzwischen bei Hellas Verona unter Vertrag: der Australier Ajdin Hrustić, der 2010/11 in der Forest-Jugend spielte und 2022 mit der Eintracht die Europa League gewann.

Und es gibt noch weitere Gemeinsamkeiten zwischen beiden Klubs. Als die Eintracht 1959 Deutscher Meister wurde, gewann Forest zum zweiten Mal den FA Cup. 1980 waren beide international erfolgreich. Die Eintracht holte den UEFA-Pokal, Forest zum zweiten Mal den Europapokal der Landesmeister. Und 1998 stiegen beide als Meister ihrer jeweiligen Liga in die oberste Spielklasse auf. Nur beim Flutlicht war die Eintracht schneller: 1956 wurde die Anlage am Riederwald mit einem 2:2 gegen die British Home Army eingeweiht. Im „City Ground“ gingen die Lichter erst 1961 bei einem Ligapokalspiel gegen den FC Gillingham an. 1996 war der „City Ground“ das kleinste von acht Stadien der EM in England. Aktuell liegt das Fassungsvermögen des Stadions bei 30.332. Durch den Bau einer neuen Tribüne soll es aber auf 38.000 erweitert werden. Der Zuschauerrekord von 49.946 wurde im Oktober 1967 beim 3:1 gegen Manchester United aufgestellt.