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22.05.2021
Museum

Frühlingsspaziergang auf Eintracht-Spuren - Teil 9

Da das Museum wegen der Coronapandemie geschlossen ist, startet einfach ein Stadtrundgang auf den Spuren der Eintracht.

Der Stadtrundgang geht weiter. Aus gegebenem Anlass sei dieser Tage ein Besuch des Römers empfohlen. Denn vor 41 Jahren haben Spieler und Fans an dieser Stelle den UEFA-Cup-Sieg gefeiert. Übrigens: Das Buch „59 Eintracht-Orte“, dem dieser Text entnommen ist, gibt’s für nur 15 Euro im Eintracht Frankfurt Museum, derzeit leider nur per Post. Bestellen könnt ihr unter museum@eintrachtfrankfurt.de

Eintracht-Ort: Römer

Der Römerberg, wie die Festhalle auch Frankfurts „Gudd Stubb“ genannt, ist der zentrale Platz in Frankfurt. Und wahrscheinlich einer der niedrigsten Berge der Welt. Vom Mainufer sind es geschätzte vier Höhenmeter bis zum Gipfel, der in Wirklichkeit gar keiner ist. Steht man auf dem Römerberg, blickt man auf das imposante Frankfurter Rathaus, den Römer. Während der Kaiserkrönungen zwischen 1562 und 1792 fand auf dem Platz ein großes Volksfest statt, für’s Volk drehte sich hier ein Ochs am Spieß. Die Nationalsozialisten wählten den Platz für die Inszenierung der Bücherverbrennung (an die eine große Plakette mahnend erinnert), der jährliche Weihnachtsmarkt lockt die Massen an und natürlich hat auch die Eintracht im Laufe der Zeit ihre Spuren im Herzen Frankfurts hinterlassen.

Doch bevor sich die Eintracht hier präsentieren durfte, empfingen anlässlich des ersten Frankfurter Länderspiels 1922 über 20.000 Frankfurter die Schweizer Nationalmannschaft respektvoll am Römerberg und lauschten der Rede des Schweizer Verbandspräsidenten. Und Hans, genannt Hennes, Stubb, Frankfurter Nationalspieler, wohnte dort in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Allerdings nicht im Römer selbst.

Ernst wurde es für die Eintracht 1959 nach dem Triumph in Berlin, als die Frankfurter die Offenbacher Kickers im Finale um die Deutsche Meisterschaft mit 5:3 besiegen konnten. Nach einem Triumphzug durch Frankfurt zeigte sich die Truppe um Trainer Paul Oßwald den begeisterten Fans auf dem Römerbalkon. Es sollte Freibier geben, doch als dies vor der Zeit zur Neige ging, wurden einige Durstige grantig und verprügelten kurzerhand die Schankbuben. So sagt es die Legende. Wenn der Frankfurter nichts zu trinken bekommt, wird er unberechenbar, daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Jahr 2009, zum 50. Jubiläum der Meisterschaft, erschienen unsere Helden erneut auf dem Balkon. Unten, auf dem Römerberg, hatte sich abermals eine muntere Anhängerschar versammelt und jubelte ihnen fröhlich zu.

Nach dem zweiten Platz bei der WM in England wurde das Nationalteam erstmals am Römer empfangen. Auch 1974 war mächtig was los. Erst winkten die frisch gebackenen Weltmeister Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein vom Balkon, kaum vier Wochen später sollte die Eintracht erstmals Pokalsieger werden – und wieder standen Grabi und Holz auf dem Platz. Gebührend wurden sie im Römer gefeiert. Genau wie ein Jahr später, als die Eintracht ihren Triumph im DFB-Pokal wiederholen konnte.

Auch die UEFA-Cup-Sieger von 1980 zeigten sich stolz im Herzen der Stadt. Frankfurter Schüler hatten zur Feier des Tages schulfrei. Da zudem kostengünstig Apfelwein für alle ausgeschenkt wurde, wachte so mancher Schulbub am nächsten Morgen mit schwerem Kopf auf, was mächtig Ärger nach sich zog. Es ging Schlag auf Schlag. Der Pokalsieg von 1981 wurde selbstverständlich am Römerberg bejubelt, ebenso wie der vierte Titel im gleichen Wettbewerb anno 1988. Dann war aus Sicht der Eintracht erst einmal Ruhe. Mittlerweile gab es dort auch viel weniger Platz. Die im Krieg zerstörten Häuser der Ostzeile wurden zu Beginn der 80er Jahre historisch nicht ganz korrekt wieder aufgebaut und begrenzen seither den Römerberg zwischen Römer und Dom. Dies hinderte die Nationalmannschaft nicht daran, ihren dritten WM-Sieg von 1990 in Frankfurt zu zelebrieren, mit dabei natürlich unsere Weltmeister Uwe Bein und Andi Möller, der allerdings erst nach dem Sommer wieder zur Eintracht zurückkehren sollte. Auch die Frauennationalmannschaft feierte ihre zahlreichen internationalen Erfolge im Römer. Eintrachtlerinnen waren keine dabei, aber dafür die Frauen vom FSV und natürlich vom 1. FFC – der just 2020 mit der Eintracht fusionierte.

1988 dachte niemand daran, dass es 30 lange Jahre dauern könnte, bis die Eintracht wieder einen Titel holen würde. Wir nutzten die Zeit und ließen uns wenigstens nach diversen Aufstiegen oder Nichtabstiegen hier blicken, aber es war nicht ganz dasselbe, auch wenn Jermaine Jones nach dem Aufstieg 2003 vollmundig vom Balkon verkündete: „Ich schieß‘ euch in den UEFA-Cup.“

2018 folgten jene „legendärischen“ Augenblicke, als Mijat Gacinovics Lauf im Berliner Olympiastadion die Eintracht-Fanseele zum Überkochen brachte. Dessen Treffer zum 3:1 gegen die Münchner Bayern bescherte der Eintracht den kaum für möglich gehaltenen fünften Pokalsieg. Als die Mannschaft am Tag danach gut gelaunt den Römerbalkon enterte, war der Römerberg schon Stunden vor Beginn der Veranstaltung wegen Überfüllung geschlossen. Dennoch fand noch so manch einer seinen Weg durch die Absperrungen. Geschluppt, wie früher gesagt wurde. Statt der in Restauration befindlichen Brunnenfigur Justitia schmückte seit diesem Morgen ein kleines selbstgebasteltes Männchen im Eintrachttrikot, genannt Justitio, den Gerechtigkeitsbrunnen. Justitio fand seine Heimat im Historischen Museum. Später wanderte ein kleiner Adler an die Stelle der Justitia, bis diese wieder ihren angestammten Platz einnahm. Dieser wird heute sicher im Eintracht Museum aufbewahrt. Einen Moment für die Ewigkeit bescherte uns Kevin-Prince Boateng, der auf dem Balkon mit seiner blauen Sonnenbrille vor Augen die Taktik des Spiels erklärte: „Bruda, schlag den Ball lang!“

Wenige Monate später wurde die neue Altstadt eingeweiht. Und auf dem Römerbalkon drückte Eintracht-Präsident Peter Fischer dem zur Feier des Tages amtierenden Kaiser, dargestellt von Philipp Hunscha, einem Schauspieler der fliegenden Volksbühne, den echten DFB-Pokal in die Hände. So waren Vergangenheit und Gegenwart wieder vereint.

Kontakt

Eintracht Frankfurt Museum
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Mörfelder Landstraße 362
60528 Frankfurt
Telefon: 069 95503 275
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museum@eintrachtfrankfurt.de