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26.09.2020

Der Mann mit dem tödlichen Pass

Uwe Bein wird 60! Der Weltmeister von 1990 ist Markenbotschafter der Eintracht. Ein Blick auf seine Zeit vor, während und nach der Fußballerkarriere.

Dieser Tage hat Andreas Möller, der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums bei der Eintracht, das Erfolgsgeheimnis von Uwe Bein gelüftet; mit einem Augenzwinkern. „Wir haben bei den Busfahrten zu den Auswärtsspielen manchmal gepokert. Ich habe Uwe hin und wieder gewinnen lassen, damit er voll motiviert ins Spiel geht“, sagt der ehemalige Mit- und Nationalspieler, der sich gerne an einen Abend in Neu-Isenburg zurückerinnert, an dem nach einem Sieg der Eintracht in der Wohnung des Ex-Kölners ein Kölsch-Fässchen dran glauben musste. "Wir haben viel zusammen erlebt, auf und neben dem Platz“, sagt Möller.

Auf dem Platz hat Uwe Bein fünf Jahre das Trikot der Frankfurter Eintracht getragen. 1989, als die Eintracht mit Ach und Krach den Abstieg in der Relegation verhindert hatte, kam der seinerzeit 28-Jährige an den Main. In Offenbach, Köln und beim HSV hatte er zuvor gespielt, mit den Rheinländern gar im UEFA-Cup-Finale gegen Real Madrid gestanden. „Das war etwas ganz Besonderes. Leider haben wir verloren“, erzählt Bein, der meist einen Schnauzer trug. In Frankfurt sollte er eine der tragenden Säulen des „Fußball 2000“ werden. In seiner Zeit am Rieder- und im Stadtwald qualifizierten sich die Adlerträger stets für den UEFA-Cup, 1992 hätte es fast zu Höherem gereicht. Die langjährigen Trainer Berger und Stepanovic ließen offensiven Fußball spielen, das kam Bein entgegen. Der Mittelfeldstratege und seine Mitspieler standen für schönen und attraktiven Fußball. Der seinerzeit Anfang-30er aus Osthessen, wo er heute wieder lebt, fütterte die Stürmer mit Pässen. Franz Beckenbauer fand diese gar „tödlich“, so entstand der Name „der tödliche Pass“. Heute ist dieser bei der Eintracht auch lesbar, Beins Kolumne im Spieltagsflyer „blättche“ heißt „Der tödliche Pass“. Natürlich.

Mein Geheimnis war, dass ich wusste, was ich mit dem Ball mache, bevor ich ihn von einem Mitspieler bekommen habe.

Uwe Bein

Maurizio Gaudino erinnerte sich einst im Fußballmagazin 11Freunde an Beins Vorlagen: „Wenn Uwe den Ball hatte, brauchtest du nichts anderes machen als einfach weiter zu rennen. Du hast den Ball immer so bekommen, als sei er aus Eisen und deine Schuhe Magneten.“ Gaudino, Möller, aber natürlich auch die Stürmer Schmitt, Sippel, Andersen und Yeboah – sie alle profitierten von Beins technischen Fertigkeiten, die Defensive des Gegners mit einem präzisen Pass auseinanderzuhebeln. Jörn Andersen und Anthony Yeboah wurden in dieser Zeit Bundesligatorschützenkönige. Der Norweger erinnert sich: „Er war ein sehr intelligenter Spieler, der immer wusste, wo wir Stürmer den Ball hinhaben möchten. Uwe hat großen Anteil daran, dass ich 1990 die Torjägerkanone geholt habe.“ 

Alte Kumpels und Mitspieler – und Synonyme für den Fußball 2000: Uwe Bein mit Anthony Yeboah, der sich am Ehrentag per Sprachnachricht aus Ghana beim Weltmeister meldete.

Der Ghanaer Yeboah, heute wie Bein Markenbotschafter, konnte in diesem Sommer wegen der Coronapandemie nicht nach Deutschland kommen, erinnert sich aber ebenso gerne an das Zusammenspiel: „Er hat mir zahlreiche Tore aufgelegt, wir haben gut harmoniert und tolle Spiele mit der Eintracht erlebt. Ich vergesse unsere gemeinsame Zeit in Frankfurt nie. Uwe war sehr gut für mich.“ Bein selbst erklärt sein feines Füsschen so: „Mein Geheimnis war, dass ich wusste, was ich mit dem Ball mache, bevor ich ihn von einem Mitspieler bekommen habe. So war ich den Abwehrspielern einen Tick voraus.“ Die fünf erfolgreichen Jahre in Frankfurt haben freilich bleibenden Eindruck bei den Fans hinterlassen, Bein gehört zu den von Anhängern gewählten zwölf „Säulen der Eintracht“. 1994 wechselte er zu den Urawa Red Diamonds, dort entwickelte er sich ebenso zum Liebling der Japaner. „Ich habe den Kontakt immer gepflegt und dort Freunde fürs Leben gefunden. Das war zum Ende meiner Karriere genau die richtige Entscheidung. Nicht nur finanziell, sondern auch sportlich.“

Seine Profikarriere ausklingen ließ Uwe Bein bei den Urawa Red Diamonds in Japan, übrigens auch ein Ex-Klub von Makoto Hasebe.

Als aufrichtig, ehrlich, ruhig, kollegial und fußballverrückt beschreiben ehemalige Mitspieler und Weggefährten den heutigen „60er“. Bein war kein Lautsprecher, kein Trainingsweltmeister – brachte aber im Wettkampf immer seine Leistung. Ehrlich war er auch in einem sportlich sehr wichtigen Moment. Im hart geführten Viertelfinale der WM 1990 senste CSFR-Torhüter Stejskal Bein um, der Frankfurter musste mit einer Fußprellung raus und der junge Andi Möller kam ins Spiel. „Für ein WM-Halbfinale muss man zu 100 Prozent fit sein. Das war ich nicht, da war ich ehrlich“, erklärt Bein, warum er nach Rücksprache mit Teamchef Franz Beckenbauer gegen England nicht zum Zug kam. Das Finale in Rom erlebte der Wiedergenesene auf der Bank. Dennoch: Mit vier Einsätzen und einem Tor gegen die Vereinigte Arabische Emirate hatte Bein seinen Anteil am Weltmeistertitel. Damit ist er der letzte Eintrachtler, der den goldenen Pokal in den Händen halten durfte. „Meine Freunde sagen Weltmeister zu mir. Das macht mich stolz“, sagte Bein einst; der WM-Song von Gianna Nannini gehört noch immer zu seinen Lieblingsliedern. Für den Mann mit dem tödlichen Pass war der WM-Titel 1990 zweifelsohne der Höhepunkt in einer kurzen Nationalmannschaftskarriere. Erst mit 29 Jahren debütierte er, 16 weitere Länderspiele folgten bis 1993.

Früher der „Kleinste und Schmächtigste“

Wesentlich öfter lief Bein in der Bundesliga auf. 300 Spiele absolvierte er, exakt die Hälfte für Eintracht Frankfurt. Der Weg dorthin begann für ihn im osthessischen Lengers, einem Stadtteil von Heringen unweit der Grenze zu Thüringen. Der „Kleinste und Schmächtigste“ sei er dort gewesen. Dennoch hat er das irgendwann gesteckte Ziel, Profi zu werden, erreicht. „Von klein auf, also seitdem ich drei oder vier bin, war der Ball der Mittelpunkt meines Lebens. Für uns Kinder gab es nur Fußball, andere Sachen waren gar nicht möglich zu dieser Zeit. Wir waren vier Jungs in der Familie, alle mit einem Altersabstand von drei bis vier Jahren, da ging es immer nur um Fußball. Das war und ist heute noch Thema Nummer eins bei mir.“

Heute dann gerne in Verbindung mit Eintracht Frankfurt. Als Markenbotschafter nimmt Uwe Bein zahlreiche Termine war, ist bei jedem Heimspiel im Deutsche Bank Park zu Gast und nah an der Mannschaft dran – nicht nur, weil Außenverteidiger Danny da Costa seit wenigen Wochen sein Schwiegersohn ist. „Als Fan war der DFB-Pokalsieg 2018 mein persönliches Highlight. Das war ein mega Erlebnis.“ Wenn die Traditionsmannschaft den Spielbetrieb wieder aufnimmt, wird er hin und wieder das Eintracht-Trikot tragen. „Vielleicht spiele ich nochmal den einen oder anderen tödlichen Pass und lasse mich dann wieder auswechseln. Hauptsache ich bin dabei und treffe die Jungs“, schmunzelt Bein.

Bahnrekord beim Fußballgolf

Zu seiner zweiten großen Leidenschaft hat sich mittlerweile der Golfsport entwickelt. Stimmt das Wetter, ist Bein auf dem Grün unterwegs – gerne natürlich auch hier mit alten Weggefährten, wie beim Golfturnier der Eintracht. Fußball und Golf hat Bein auch aktiv schon miteinander verbunden, beim Fußballgolf. Kein Wunder, dass der Weltmeister auf der Anlage im mittelhessischen Grünberg den Bahnrekord hält.

Ein weiteres Indiz dafür, dass Uwe Bein jung geblieben ist. „Ich fühle mich nicht wie 60. Solange man gesund ist und das Leben genießen kann, spielt das Alter keine Rolle. Körperlich geht es mir gut, gesundheitlich mittlerweile auch wieder. Das ist das Wichtigste.“ Daher habe er zu seinem Ehrentag nur einen Wunsch: „Gesund bleiben.“ Lieber Uwe, das wünschen wir dir zu deinem 60. Geburtstag!